Deutsches Turn-Team mit Thomas Andergassen

Vierter bei Olympia in Peking

Deutschlands Männer-Riege hat im Teamfinale von Peking mit großem Kampf und starker Leistung den vierten Platz erobert. Das Team von Cheftrainer Andreas Hirsch kam auf 274,600 Punkte und musste nur die Teams aus den USA, Japan und den neuen Olympiasieger China vorbeiziehen lassen.

In einem bis zuletzt extrem spannenden und hochklassigen Wettbewerb konnte sich das Team mit Thomas Andergassen, Philipp Boy, Fabian Hambüchen, Robert Juckel, Marcel Nguyen und Eugen Spiridonov zum Ende hin deutlich steigern und sich so noch an Korea, Russland und Rumänien vorbeischieben.

"Es überwiegt ganz klar die Freude, wir haben hier heute eine starke Leistung gebracht. Ein vierter Platz bei Olympia, zuvor Zweiter bei der EM und Dritter bei der WM, was will man mehr?", meinte Teamchef Andreas Hirsch.

Am Ende war der Stuttgarter Thomas Andergassen der Machtwinner, der als letzter Turner am "ehemaligen Zittergerät" Pauschenpferd total cool blieb und bärenstarke 15,075 Punkte für sein Team nach Hause brachte. "Es war so unglaublich laut in der Halle und ein wahninniges Gefühl, diese Übung in dem Moment nach Hause turnen zu müssen", freute sich Andergassen.

Bemerkenswert war auch, wie der Cottbuser Boy sich nach dem unglücklichen Auftakt am Sprung und seiner missglückten Reckübung in der Qualifikation, sich am Reck zu steigern wusste. Unter größtem Druck absolvierte er eine seiner besten Darbietungen seiner Karriere und erhielt satte 15,725 Punkte - Respekt und herzlichen Glückwunsch.

 

 

Thomas Andergassen, Turner aus Stuttgart, Platz vier mit der Mannschaft: "Mit unserem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Wenn man mal überlegt, dass wir 2004 in Athen den achten Platz belegt haben und nun vier Jahre später schon um die Medaillen mitkämpfen konnten, dann haben wir wirklich einen Superwettkampf gemacht.

Das waren jetzt nach Athen meine zweiten Olympischen Spiele.

Natürlich sind die Eindrücke beim ersten Mal schöner, schärfer und besser, weil alles neu ist. Aber auch diesmal waren die Wettkämpfe beeindruckend, wir waren beim Handball, beim Volleyball und auch im Leichtathletikstadion. In Worte fassen kann man das aber nicht, da muss man selbst dabei gewesen sein.

Mein Plan ist es jetzt, im Oktober und November die Bundesliga zu turnen und dann zu schauen, wie ich im nächsten Jahr weitermache. Außerdem beginne ich im Herbst ein Fernstudium an der Sporthochschule in Köln, ich möchte meine Prioritäten jetzt auf meine berufliche Zukunft legen."

 

 

 So wie's aussieht, war das Mannschaftsfinale, das die deutsche Riege auf Platz 4 beendete, der letzte Auftritt des Thomas Andergassen auf der großen Turnbühne. Aber das sei nochmal ein "Hammerwettkampf" gewesen, ließ er via E-Mail seine Eltern wissen, die mit einigen Verwandten natürlich am Dienstag ab 4 Uhr in der Früh gebannt alles am Fernseher mitverfolgt hatten. Am Oberreitnauer lag's jedenfalls nicht, dass die deutschen Turner knapp an Bronze vorbeigeschrammt sind. Sowohl an den Ringen als auch am Seitpferd hatte Andergassen eine fehlerfreie und gute Leistung gezeigt. Offiziell ist der 28-Jährige zwar noch Ersatzmann für den Einzelwettbewerb an den Ringen, inoffiziell kann er sich aber schon mal mit den touristischen Reizen Pekings beschäftigen - weil vermutlich keiner ausfallen wird. Bis zur Abschlussfeier, lässt er wissen, wird er auf jeden Fall noch in China bleiben. Und danach soll sein neues Leben ohne Leistungssport beginnen.

Dabei Sein ist alles. Von wegen. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass Fabians Teamkollege Thomas Andergassen, der klar den vierten Rang gerettet hat im Teamwettbewerb, in diesem Jahr aufgrund seiner Verletzung aus der Sportförderung geflogen ist. Sie verdienen sowieso schon nichts, aber kaum können sie mal Ihre Leistung nicht so bringen wie es erwartet wird, werden sie im kalten Wasser stehen gelassen. Denn es dreht sich nur um den Sieg, nur um Fabian Hambüchen, und jetzt wird auch er der Buhmann sein. Sei noch erwähnt, dass nur durch eine Intervention von Eberhard Gienger die Zukunft von Thomas Andergassen gerettet wurde. Ja, das ist Sport, nicht nur in China zählt scheinbar nur noch Gold.

Nach meinem Sturz gingen bei uns die Alarm-Leuchten an und es hieß nur noch: No risk, no fun", sagte Hambüchen. "Als wir vor dem Boden auf Platz sieben lagen, dachte ich, der Zug ist abgefahren. Aber dann haben wir gefightet. Am Pferd war es wie immer unbeschreiblich", erläuterte Robert Juckel die schier aussichtslose Situation vor dem Schluss-Gerät. Der Cottbuser turnte wie Eugen Spiridonov sauber durch, und Thomas Andergassen riss Platz vier noch aus dem Feuer. "Gerade Thomas, dem oft mentale Schwächen nachgesagt werden, hat da bewiesen, was er kann", lobte Hirsch seinen "Helden des Tages". Immerhin verhinderte der Stuttgarter mit seiner Top-Kür (15,075) den Absturz auf Platz sieben, von dem die Deutschen am Ende nur die Winzigkeit von 0,425 Punkten entfernt waren.